Der Mann zückt seine Waffe. Er richtet sie auf sich selbst. Und er drückt ab – Knall – tot. Aber keine Sorge, bei dieser beschriebenen Szene handelt es sich natürlich nicht um einen realen Selbstmord. Vielmehr stellt es eine von vielen dramatischen Auftritten im Theaterstück Maria Stuart dar. Unser Gymnasium Veitshöchheim besuchte am vorherigen Freitag mit sage und schreibe 109 Menschlein der Schulgemeinschaft eben dieses vom Mainfranken Theater präsentierte Stück.
Doch worum geht es überhaupt genau?
Schillers Drama handelt von der schottischen Königin Maria, die nachdem sie ihren Ehemann ermorden ließ aus ihrem Land vertrieben wurde und am Ende nach England flieht. Dort hofft sie auf Unterstützung von Königin Elisabeth I. Doch Elisabeth fürchtet Marias Anspruch auf den englischen Thron und lässt sie ins Gefängnis werfen. Unterstützt von Frankreich und einem treuen, aber verdeckt handelnden Anhänger namens Mortimer wächst Marias Einfluss beim englischen Volk. Als Cousine Elisabeths hat sie auch Ansprüche auf den englischen Thron. Als Anschlagspläne gegen jene aufgedeckt werden, droht Maria die Hinrichtung. Der Graf von Leicester versucht, ein Treffen zwischen den beiden Königinnen zu arrangieren, um Marias Leben zu retten. In dieser dramatischen Begegnung entscheiden sich ihre Schicksale.
Unsere Eindrücke
Dunkelrote Plexiglasscheiben hängen von der Decke. Davor befinden sich Paletten, auf denen eine junge Frau traurig liegt. Diese Szene ist nur eine von vielen, in denen man die Verzweiflung der Charaktere spürt. Generell kann man sagen, dass das Stück sehr lebendig ist. Die Spannungen zwischen den Figuren sind für die Zuschauer greifbar, doch werden auch ab und zu durch humorvolle Zwischenfälle aufgelockert. Denn wer bitteschön findet eine Königin, die ihre Füße miteinander sprechen lässt, nicht skurril?
Auch der Fakt, dass Elisabeth und Maria beides starke Frauen sind, lässt besser verstehen, warum sich die Königin von England durch die schottische Königin bedroht fühlt. Der Moment, indem die beiden aufeinandertreffen, ist emotional sehr aufgeladen und lässt einen daraufhin fiebern, ob sich die Beziehung zwischen den beiden ändern kann.
Was sagen unsere Redakteure zu dem Stück?
Julia: Mich hat neben den Schauspielkünsten auch das Zusammenspiel von Bühnenbild und Licht sehr beeindruckt. Denn durch diese Kombination wurde die Stimmung der Szene viel greifbarer. Die Sprache war teilweise kompliziert und anfangs hat es ein bisschen gedauert, bis man wirklich in der Geschichte drinnen war, doch die Einführung hat dabei sehr geholfen. Die Eigenschaften und Beziehungen unter den Charakteren wurden sehr gründlich ausgearbeitet und umgesetzt. Meiner Meinung nach war die Aufführung eine 10/10, ich kann sie nur weiterempfehlen!
Jeramie: Als ich das Theater betrat, wusste ich nur wenig über Maria Stuart – abgesehen vom Flüstern der Geschichte. Die karge, minimalistische Bühne und die spürbare Spannung zwischen den beiden Königinnen – Elisabeth, die jungfräuliche Königin, ein Muster königlicher Kontrolle, und Maria, die gefangene schottische Königin, ein feuriger Geist, der sich nach Freiheit sehnt – zogen mich sofort in ihren Bann. Das Stück, ein Wirbelsturm politischer Intrigen und persönlicher Ängste, entfaltete sich mit fesselnder Kraft. Die rohen Emotionen – Angst, Ehrgeiz, die verzweifelte Sehnsucht nach Liebe und Macht – waren greifbar. Die Schauspieler, insbesondere die beiden Königinnen, lieferten eine ebenso kraftvolle wie nuancierte Vorstellung ab. Jede ihrer Gesten, jeder Tonfall vermittelte das Gewicht der Geschichte und die erdrückende Last ihrer jeweiligen Position. Obwohl mir die Grundlage – Schillers Originaltext – fehlte, fand ich das Stück sehr ansprechend, denn es sprach zeitlose Themen wie Macht, Ehrgeiz und die tragischen Folgen politischer Manöver an. Die Erforschung der weiblichen Handlungsfähigkeit in einer von Männern dominierten Welt war besonders ergreifend. Ich verließ das Theater mit einem Gefühl des Unbehagens, aber auch mit einer tiefen Wertschätzung für die Komplexität der Geschichte und den andauernden menschlichen Kampf um Freiheit und Anerkennung.
Ihr seid neugierig auf Maria Stuart geworden?
Dann schaut doch mal auf der Website (https://www.mainfrankentheater.de/programm/a-z/maria-stuart/) vom Mainfranken Theater vorbei, denn bis zum 16. Februar wird Schillers Werk noch aufgeführt!
Alle Bilder stammen aus der Pressemappe des Theater Mainfranken. Wir danken für die freundliche Überlassung.
Ich bin ein Fan von fast leeren Bühnenbildern und allein schon deshalb hat mir das Setting gefallen. Nur die roten Trennwände fand ich persönlich etwas doof, auch wenn sie inszenierungstechnisch wohl nötig / hilfreich sein.
Der angesprochene Kontrast zwischen reduzierter / moderner Optik und altertümlicher Sprache hat meiner Meinung nach stark zur Wirkung des Stücks beigetragen. Gerade der Gegensatz zwischen den sehr modernen Kleidern, in denen man heute auf die Arbeit gehen könnte (oder beim Militär tätig sein) oder ausgehen könnte (z.B die Kleider / der Hosenanzug der Königinnen) und der Originalsprache hat für mich transportiert, dass das, worum es im Stück geht, leider völlig zeitlos ist:
– Macht, Machtmissbrauch, Verführung, Verachtung …;
– Festhalten “am Gesetz” (verkörpert durch diesen schrecklich gesetzestreuen, machtgeilen Burleigh);
– Abgeben von Verantwortung und dann dafür Bestrafen (= als Elisabeth am Ende das Todesurteil der armen Davison in die Hand drückt “zum Verfahren nach eigenem Gutdünken” und dann völlig eskaliert, weil Davison das Urteil an Burleigh weitergegeben hat).
Wer mal einen ähnlichen Kontrast filmisch sehen möchte, sollte es mit “Romeo and Juliet” in der modernen Verfilmung mit Leo diCaprio und Claire Danes versuchen. Das Setting ist das Kalifornien der Moderne, die Sprache ist Shakespeare-English bzw auf alt getrimmtes Deutsch.
Danke für einen spannenden Theaterabend!