Um euch einen noch besseren Einblick hinter die Kulissen von Kafkas Theaterstück Amerika zu liefern, haben wir für euch den Regisseur, unseren Lehrer Thomas Lazarus, und einen seiner Schauspieler interviewt. Sie haben uns ihre Eindrücke und Gedanken zu Kafkas Werk und ihrer Inszenierung geschildert.
Falls ihr noch mehr über das Stück Amerika erfahren möchtet, dann schaut doch gerne hier vorbei.
Interview mit Herr Lazarus
Das Bühnenbild ist sehr minimalistisch gestaltet, was habt ihr euch dabei gedacht?
Die Idee war dieses Amerika eigentlich wie so eine Jahrmarktsbude zu verstehen. Sie hat so eine Blinkschrift, die etwas verlockt oder auch etwas verspricht, aber letztlich ist es nur fauler Zauber, was sie zu bieten hat. Die Figuren, die dann hinter den Türen auftreten, sind eigentlich auch eher so Gaukler Figuren. Letztlich ist Amerika ein leeres Versprechen für Kafka und das soll dieses Bühnenbild widerspiegeln.
Die Schauspieler haben alle Karl gespielt und gleichzeitig auch komplett verschiedene Rollen übernommen. Was war denn der Hintergedanke dabei, jeden einmal Karl, also die Hauptfigur spielen zu lassen?
Für mich fallen bei Kafka, Erzähler und Hauptfigur irgendwo zusammen. Ich wollte, dass die Geschichte von sechs Leuten erzählt wird und dann fand ich es auch schlüssig, dass alle sechs den Karl spielen. Denn auch wenn sie zwischendurch andere Rollen spielen, sind sie irgendwie Teil von Karl. Beispielsweise diese Stimmen in seinem Kopf, die ihn niedermachen oder ihn irgendwie runterziehen.
Das Praktische an der Sache ist, dass ich mit sechs Schauspielern zusammen arbeite, die sehr viel Spaß am Rollenwechsel haben. Ich glaube, es ist für die Schauspieler auch einfach attraktiver, wenn diese Rolle des Karls durchgewechselt wird und sie zwischendurch andere Rollen spielen können, denn Karl selber ist gar nicht die spannendste Rolle des Abends. Er ist eher so ein bisschen passiv, während ihm all die verschiedenen Dinge widerfahren.
Der Schluss ist ja ein relativ offenes Ende. Wie würden Sie ihn interpretieren oder was ist Ihre Vorstellung dazu?
Den Schluss habe ich versucht so offen zu machen, wie er auch im Roman ist. Ich denke, das muss sich dann tatsächlich jeder selbst aussuchen. Es gibt Interpreten, die sehen das Naturtheater von Oklahoma, als eine Parodie auf das Jüngste Gericht. Diese Engel, die da Trompete blasen – das sind eigentlich so Bilder, die man sonst vom Jüngsten Gericht hat. Kafka hat den Kniff, dass selbst beim Jüngsten Gericht eine Behörde dahintersteht, die dann noch zuordnet: Du bist jetzt Mittelschüler, du bist jetzt europäischer Mittelschüler usw.. Es hat also schon so eine gewisse bittere Note. Natürlich kann es auch sein, dass er jetzt einfach dort sein Glück und in Amerika sozusagen eine Heimat findet. Ich denke, das sollte man den Zuschauern überlassen, sich da eine eigene Meinung zu bilden.
Interview mit Nick Danilcenko
Der Schauspieler Nick, der in dem Theaterstück Amerika mitwirkt, hat sich nach der Vorstellung noch die Zeit genommen, uns einen Einblick hinter die Kulissen zu geben.
War das dein erstes Stück unter der Regie von Herr Lazarus?
Nein, das war jetzt schon mein zweites. Ich habe 2021 auch bei „Alles Schwindel” mitgespielt, das war so ein Musical.
Wie ist es mit Herr Lazarus als Regisseur zu spielen?
Sehr schön! Er gibt einem sehr viel künstlerischen Freiraum, deshalb kann man seine Rolle so gestalten, wie man lustig ist. Aber natürlich kommen die Regieanweisungen auch nicht zu kurz, wenn man diese benötigt. Das schöne ist, dass Herr Lazarus auch in den Hintergrund treten kann und einfach geschehen lässt, was auf der Bühne passiert.
Welchen Eindruck hat Amerika bei dir hinterlassen? Wie würdest du es beschreiben?
Als einen Fiebertraum! Es ist weniger inhaltlich, was ich mitnehme, es ist mehr so ein Gefühl. Dieses Gefühl zum Beispiel aus der Perspektive von Karl Roßmann nicht gut genug zu sein. Also, so abstrakt die ganzen Situationen auf der Bühne auch sind, man kann schon einiges für den eigenen Alltag mitnehmen. Einerseits nicht gut genug zu sein, Ansprüchen nicht zu entsprechen, egal was man tut. Andererseits im Leben wilde Charaktere zu treffen und lernen mit ihnen umzugehen.
Ihr musstet alle viele verschiedene Rollen spielen. Gab es eine, die dir besonders gefallen hat?
Der Oberportier macht mir sehr viel Spaß. Diese Eidechse, die da oben rumkriecht und einfach hasst, und das liebt, dass er es hasst.
Neugierig auf Kafkas Verschollenen geworden?
Falls ihr jetzt Lust darauf bekommen habt “Amerika” zu besuchen und eure eigene Erfahrung damit zu machen, dann jetzt aufgepasst. Das Stück wird noch bis zum 28.12.2024 in der Theaterwerkstatt aufgeführt 😉
Waren so tolle Schauspieler dieses mal! Das Stück war echt phänomenal
ein sehr interessantes Interview! vielen Dank
Tolle Schauspieler und tolles Stück auch wenn es ein bisschen an einen Fiebertraum erinnert
Cool etwas zu den Schauspielern zu erfahren. Abgesehen von den ganzen Informationen. Schön zu lesen, danke