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Mit Herz und Hand – ein Besuch bei der Tafel

2. Juli 2025 7 Mins Read
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3 Comments

von Finja Keßler

Die warmen Strahlen der Morgensonne streifen über den Asphalt, als ich am Eingang der Tafel ankomme. Es ist still- keine Kundenschlange, kein Stimmengewirr. Nur das dumpfe Poltern von Kisten, gefüllt mit Backwaren, Joghurt und Eiern, durchbricht die Ruhe. Drinnen greifen Hände zu, sortieren, wiegen ab. Ich bin mittendrin. Für ein paar Stunden werde ich Teil eines reibungslosen Systems, bei dem jedes Brötchen viel Wert hat. Und erst hier begreife ich, wie viel Organisation, Hingabe und Teamgeist es braucht, bevor die Türen überhaupt öffnen. Es geht um viel mehr als nur um Lebensmittel. Es geht um Geschichten. Um Menschen. Und um die stille Kraft des Gebens.

Mehr als nur eine Ausgabestelle

Stell dir vor, du gehst durch den Supermarkt, und alles, was nicht mehr ganz perfekt aussieht – eine Banane mit braunen Punkten, ein Brot vom Vortag oder ein Joghurt, der bald abläuft – landet im Müll. Gleichzeitig gibt es Menschen, die sich genau solche Lebensmittel kaum leisten können. Und genau hier kommt die Tafel ins Spiel.

Die Tafel ist eine gemeinnützige Organisation, die überschüssige, aber noch einwandfreie Lebensmittel sammelt – zum Beispiel aus Supermärkten, Bäckereien oder von Privatpersonen – und sie an Menschen weitergibt, die weniger Geld haben. Das passiert gegen einen symbolischen Betrag (bei der Tafel Würzburg 2€). In Deutschland gibt es über 970 Tafeln, die zusammen jedes Jahr rund 265.000 Tonnen Lebensmittel retten.

Doch die Tafel ist mehr als nur eine „Essensausgabe“. Sie ist ein Ort, an dem Menschen zusammenkommen, anpacken, helfen – und manchmal auch einfach nur reden. Die Helfer:innen arbeiten ehrenamtlich, also ohne Bezahlung, einfach weil sie etwas Gutes tun wollen. Und das merkt man: an der Stimmung, an der Energie – und an der Sorgfalt, mit der jeder Joghurt einsortiert wird.

Gegründet wurde die erste Tafel übrigens 1993 in Berlin – von einer Gruppe engagierter Frauen, die nicht länger zusehen wollten, wie auf der einen Seite Essen weggeworfen wird und auf der anderen Seite Menschen hungrig bleiben. Heute ist die Tafel eine der größten sozialen Bewegungen in Deutschland.

Kurz gesagt: Die Tafel ist wie ein stiller Held im Hintergrund – sie rettet, was andere wegwerfen, und gibt es weiter an die, die es brauchen. Und das mit Herz, Verstand und jeder Menge Teamgeist.

Nicht für alle – aber für die, die’s brauchen

Nicht jeder kann einfach zur Tafel spazieren und sich eine Tüte voller Lebensmittel abholen – aber es ist auch nicht so kompliziert, wie man vielleicht denkt. Die Tafel ist für Menschen da, bei denen das Geld am Monatsende oft nicht mehr für den Wocheneinkauf reicht.

Das können zum Beispiel sein:

  • Menschen, die Bürgergeld oder Wohngeld bekommen
  • Rentner mit kleiner Rente
  • alle, die mit ihrem Einkommen unter 1.378€ im Monat liegen

Damit das fair bleibt, muss man seine Bedürftigkeit nachweisen – zum Beispiel mit einem Bescheid vom Jobcenter oder dem Rentenbescheid. Wenn alles passt, bekommt man einen Tafelausweis Berechtigungsschein. Damit darf man dann zu bestimmten Zeiten an einem festgelegten Tag einkaufen gehen. Der Tag steht auf dem Tafelausweis drauf, doch die Uhrzeit nicht. Denn bei der Tafel Würzburg ist es so, dass jeder ein 20 Minuten Fenster zum Einkaufen hat, das sich jede Woche nach hinten verschiebt. So hat jeder mal die Möglichkeit als erstes bzw. letztes einzukaufen.

So in etwa kann man sich einen Tafelausweis vorstellen. Es gibt Angaben zur Person, zum Familienstand (die 2 vorne steht für die Anzahl an Erwachsenen, die 3 hinten für die Anzahl an Kindern) und zur Gültigkeitsdauer. Nach Ablauf des Bescheids muss man den Ausweis verlängern lassen. Dieses Beispiel hier ist bis November (11. Monat) gültig.

Helfen, bevor die Tür aufgeht

Mein Weg führt mich am Freitagmorgen gegen 10:30 Uhr zum Tafelgebäude in der Weißenburgstraße in Würzburg, wo ich die nächsten Stunden verbringen werde. Begrüßt werde ich von einigen freundlich Damen, denen ich bei den Vorbereitungen helfen darf.

Im vorderen Teil des Gebäudes stehen eine Kühltheke und einige Kühlschränke, die von den fleißigen Helferinnen mit Joghurt, Wurst, Milch, Käse und vielen weiteren Lebensmitteln bestückt werden. Direkt hinter der Theke befindet sich ein kleiner Raum, in dem unter anderem Lebensmittel abgepackt und umgefüllt werden- und wo ich später die meiste Zeit verbringen werde. Im hinteren Teil des Gebäudes lagern dann die Backwaren -also Brötchen, Brote, Toast und Kuchen. Wer gern etwas Saftiges und Frisches abholen möchte, der darf sich auf den Weg in die Wredestraße machen, denn dort gibt es Obst, Gemüse und Getränke.

Vom Riesenkanister zum Familienpäckchen

Was ich an diesem Morgen lerne? Mayonnaise kommt nicht nur aus der Tube und Joghurt nicht immer im praktischen Becher. Viele Lebensmittel werden bei der Tafel in riesigen 10-Liter-Kanistern angeliefert – darunter auch Sahne, Eier, Oliven oder Kirschpaprika. Bevor daraus später mal ein ordentliches Abendessen werden kann, muss erst mal portioniert werden. Und genau da komme ich ins Spiel.

Meine erste Mission: Eier packen. Vier Stück pro Karton, Deckel zu, nächstes Päckchen. Danach geht’s ans Eingemachte: Mit Schöpfkelle und Teigschaber verteile ich Sahne, Mayonnaise und Heidelbeerjoghurt in kleine Plastikdosen, zwei Drittel voll, mehr nicht. Klingt nach Fließband-Arbeit? Ehrlich gesagt, ich hatte richtig Spaß dabei. Vielleicht, weil ich weiß, dass jemand anderes sich später genau darüber freut.

Frisch gewaschene Hände, neue Handschuhe – und weiter geht’s zum Antipasti-Abenteuer: ein bisschen Oliven, ein paar Peperoni, zwei bis vier Kirschpaprika obendrauf. Fast wie beim Tapasabend, nur ohne Kerzenschein. Je nach Haushaltsgröße packen wir kleine, mittlere oder große Dosen. Und nachdem ich den Tisch von Öl, Joghurtspritzern und Paprikaresten befreit habe, bleibt kein bisschen Sauerei übrig – dafür das Wissen, dass ich meine Zeit hier mit etwas Sinnvollem -mit Helfen- verbringe.

Die Tür macht hoch, die Tor macht weit

Die letzten Handgriffe sitzen: Eierkartons werden gestapelt, Käsepäckchen sortiert, Joghurtbecher in Reih und Glied gestellt. Noch schnell ein Blick auf die Uhr – es ist kurz vor zwei. Gleich öffnen sich die Türen, und draußen warten schon die ersten Kunden. Doch wie verhindert man nun ein Gedränge und sorgt dafür, dass alles reibungslos funktioniert?

Beim Ausgeben selbst war ich leider schon wieder auf dem Heimweg – aber was ich im Gespräch mit den Helferinnen erfahre, gibt mir einen spannenden Einblick: Jeden Tag kommen hier rund 120 bis 150 Menschen vorbei, viele von ihnen kaufen jedoch nicht nur für sich selbst ein, sondern auch für ihre Familien. Insgesamt werden so täglich etwa 300 Personen mit Lebensmitteln versorgt.

Die Türen bleiben bis 17 Uhr geöffnet, und in dieser Zeit begegnet man einer ziemlich bunten Mischung: Menschen verschiedener Altersgruppen, Herkunftsländer und Lebensgeschichten. Besonders auffällig sei aktuell der hohe Anteil an ukrainischen Kunden, die aufgrund des Ukrainekriegs meist erst in den letzten Jahren nach Deutschland gekommen sind- darunter auch viele junge Erwachsene. Der Anteil deutscher Kunden sei dagegen eher gering, und das Durchschnittsalter liegt bei etwa 50 Jahren aufwärts, wie mir Frau Hildegard Mauersberger erklärt.

Ein Vormittag, der hängen bleibt

Selbst etwas zu tun, um anderen zu helfen, ist ein richtig gutes Gefühl und ich bin dankbar, dass ich die Möglichkeit hatte, diese Erfahrung zu machen – auch wenn mein Einsatz „nur“ bei den Vorbereitungen war und ich bei der eigentlichen Ausgabe nicht mehr dabei sein konnte.

Aber ganz ehrlich: Schon das Portionieren, Sortieren und das Gewusel hinter den Kulissen hat mir Spaß gemacht. Weil es nicht nur irgendwie sinnvoll war, sondern auch, weil das Team mich superfreundlich aufgenommen hat. Man hilft mit, man lacht zwischendurch, man merkt: Alle ziehen am gleichen Strang. Ich kann mir deshalb sehr gut vorstellen, mal wieder zu kommen und mitzuhelfen! (die Blumen habe ich übrigens am Ende mit nach Hause nehmen dürfen 🙂

Spenden? Klar- aber was eigentlich?

Auch wenn Supermärkte, Bäckereien und Co. regelmäßig Lebensmittel an die Tafel liefern, ist jede zusätzliche Spende von Privatpersonen sehr willkommen.

Besonders gefragt sind dabei haltbare Lebensmittel wie Reis, Nudeln und Konserven, aber auch Hygieneartikel – also Dinge wie Duschgel, Zahnpasta oder Damenbinden. Diese werden dringend gebraucht, weil sie von Großmärkten nicht gespendet werden.

Wichtig ist nur: Alles muss originalverpackt und ungeöffnet sein. Frische Produkte wie Fleisch oder Milch werden nicht angenommen, unter anderem weil sie schnell verderben – aber alles, was sich gut lagern lässt, ist super.

Wenn du also das nächste Mal beim Einkaufen bist und ein Päckchen mehr mitnimmst – vielleicht für jemanden, der sich das gerade nicht leisten kann – dann ist das ein kleiner Schritt mit großer Wirkung.

Und wenn du dir unsicher bist, was genau du spenden darfst oder wie das Ganze abläuft: Schau einfach mal bei der Tafel Würzburg vorbei oder klick dich durch ihre Website. Sie freuen sich über jede Unterstützung – und du weißt genau, dass deine Hilfe dort ankommt, wo sie gebraucht wird!

Zum Schluss noch ein paar abschließende Worte von Frau Hildegard Mauersberger, die freitags das Team leitet und mich durch meinen Tag geleitet hat:

In diesem Sinne nochmal vielen vielen Dank an all die fleißigen Helferinnen für eure wertvolle Arbeit und dafür, dass ich für einen Tag, Teil eures Teams sein durfte! Danke!!

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3 Comments

  1. Stilkritiker sagt:
    3. Juli 2025 um 7:18 Uhr

    Das ist ein ganz toll recherchierter und auch formulierter Artikel, Journalismus auf hohem Niveau!

    4
    0
    Antworten
  2. Shadow sagt:
    3. Juli 2025 um 16:42 Uhr

    Dem ersten Kommentar schließe ich mich voll und ganz an. Tolle Arbeit!

    5
    0
    Antworten
  3. Tanja sagt:
    4. Juli 2025 um 9:30 Uhr

    Ein super geschriebener Artikel. Sehr informativ und leicht zu lesen.

    2
    0
    Antworten

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