von Cara Schmeller und Elena Wlasek
„Was ist Liebe?“- Vielleicht eine Frage mit der sich jeder mal mehr oder weniger beschäftigt hat, aber was hat diese Frage mit einem Escape Room zu tun? Eine ungewöhnliche Kombination, doch genau damit befasst sich das Theaterstück “Escape Love” im Mainfranken Theater. Um die 30 Schüler und Lehrer waren letzten Freitag live dabei. Falls ihr es verpasst habt, hier eine kleine Zusammenfassung:
Stell dir vor, du landest mit zwei Mitschülern in einem alten, leeren Schwimmbecken – nicht etwa für den Sportunterricht, sondern weil eure Lehrerin euch dort in einen Escape Room gesperrt hat. Das einzige Ziel: Rauskommen. Aber der Weg nach draußen führt nur über die Antwort auf eine scheinbar einfache, aber tiefgründige Frage: Was ist Liebe?

Drei Charaktere – drei Ideen von Liebe
Genau darum geht es im modernen Theaterstück “Escape Love”, das im Mainfrankentheater Würzburg auf die Bühne gebracht wird. Drei Jugendliche, Marie, Maximilian und Sofie, finden sich plötzlich in einer Situation wieder, in der sie nicht nur versuchen müssen, Codes und Hinweise zu knacken, sondern sich auch mit ihren ganz eigenen Vorstellungen von Liebe auseinanderzusetzen.

Marie ist selbstbewusst, direkt und will sich nicht für andere verbiegen. Maximilian dagegen ist ein hoffnungsloser Romantiker, der von der großen Liebe träumt. Das führt nicht zuletzt dazu, dass er an den passendsten und unpassendsten Stellen mit Mittelhochdeutsch anfängt, was jetzt nicht jeder ganz flüssig versteht. (Falls ihr Übersetzungsbedarf habt, klickt hier.) Und Sofie? Die ist eigentlich fertig mit dem ganzen Liebesquatsch – zu viel Schmerz, zu viele Enttäuschungen.
Doch um den Escape Room zu verlassen, müssen die drei zusammenarbeiten – und sich Gedanken machen über das, was sie fühlen, glauben und vielleicht sogar verstecken. “Escape Love” ist kein kitschiges Liebesdrama, sondern ein ehrliches, witziges und nachdenkliches Stück über Nähe, Erwartungen und Selbstfindung. Es zeigt, dass Liebe nicht nur zwischen zwei Menschen entstehen kann, sondern auch bedeutet, sich selbst zu verstehen – und andere zu akzeptieren, wie sie sind.
Zum Abschluss unterhielten sich noch einige Schüler und Lehrer im Mozart-Café über das Stück und die herausragende Leistung der Schauspieler. Alle haben das gleiche Stück gesehen, aber die Meinungen darüber waren doch sehr unterschiedlich:
Das ganze menschliche Leben – von total romantisch bis kaltherzig pragmatisch
von Michael Kerber
Das Stück „Escape Love“ schildert, wie drei junge Menschen (Marie, Maximilian, Sofie), die – wohl im Rahmen eines Klassenausflugs in ein Gebäude mit mehreren escape rooms – sich plötzlich und unvermittelt in einem leeren Schwimmbecken wiederfinden, ohne zu wissen, wie sie dorthin gekommen sind. Wie bei escape rooms üblich, müssen sie „Rätsel“ lösen, um das Schwimmbecken verlassen zu dürfen. Diese drehen sich um die Liebe, und eine Stimme aus dem Off sagt ständig, dass die Eingebeckenden “die Lösung [zu diesen Rätseln] in ihren Händen” hielten …
Wenn man diesen leider ziemlich abstrusen Einstiegsgedanken ignoriert, sieht man ein unterhaltsames Stück, bei dem im Laufe von 75 min verschiedene Fragen über und an „die Liebe“ gestellt werden. Trotz meines schon ziemlich lange andauernden Erwachsenseins konnte ich mich gut in die Emotionen und Überlegungen der jugendlichen Figuren (vermutlich sollten sie irgendwo zwischen 17 und 19 Jahre alt sein) hineindenken bzw. die Gedankengänge nachvollziehen – manche Fragen bleiben die gleichen, auch wenn jemand den 20ten oder 25ten Geburtstag gefeiert hat. So sinniert Maximilian immer wieder darüber, was er mit seinem „Lieblingsmensch“ alles unternehmen möchte, und diese Aktivitäten bilden das ganze menschliche Leben ab – von total romantisch bis kaltherzig pragmatisch.
Gelegentlich eingesprengte (ja, so plötzlich und unvermittelt kamen die!) mittelhochdeutsche Gedichtszeilen waren für den Fortgang der Geschichte nicht unbedingt relevant, doch übermäßig gestört haben sie mich nicht.
Kurz: ein unterhaltsamer Theaterabend!

Wie es ausgeht, weiß man spätestens nach einer Viertelstunde
von Hansjörg Rüthel
Der liebe gêt diu schœne nâch./ liebe machet schœne wîp:/ des mac diu schœne niht getuon,/ sin machet niemer lieben lîp.
Das Obige heißt in etwa, dass Schönheit nicht so wichtig ist, viel wichtiger ist liebe, d.h. Freundlichkeit oder Liebenswürdigkeit, denn das macht Frauen schön, wohingegen Schönheit niemanden liebenswert macht.
Du merkst, dass du alt bist, wenn du dich in einem Theaterstück mehr mit den 800 Jahre alten Weisheiten Walthers von der Vogelweide identifizieren kannst als mit all dem anderen, was da sonst so passiert.
Wobei man eigentlich sagen muss, dass eben nicht viel passiert. Im Grunde hat das Stück gar keine Handlung. Stattdessen sind drei Teenager einfach eine gute Stunde im Rahmen eines Escape Games in einem Schwimmbecken ohne Wasser gefangen (warum auch immer?) und dürfen erst wieder raus, nachdem zwei der Protagonisten ihre Beziehungskiste zusammengeruckelt haben. Dass es sich natürlich um eine gleichgeschlechtliche Beziehung handelt, mag man als emanzipatorisch oder als zeitgeistig empfinden, wie es ausgeht, weiß man jedenfalls spätestens nach einer Viertelstunde. Damit dem Ganzen danach nicht die Luft ausgeht, werden immer mal wieder – reichlich unmotiviert – irgendwelche Sachen in das Schwimmbecken geworfen, die dann Anlass bieten, sich auch noch an allen möglichen anderen Probleme abzuarbeiten, etwa dysfunktionalen Familien und sozialer Ungleichheit. Dennoch berührt einen nichts davon besonders. Am Ende gibt es keine echte Entwicklung, kein Vorankommen, die “Lösung” besteht darin, dass die Mädchen sich halt irgendwie wieder verstehen. Die Figuren dürfen aus dem Becken und die Zuschauer aus dem Theater.
Dass es trotzdem kein verlorener Abend war, lag an den drei Schauspielern, die ihre jugendlichen Charaktere vielseitig und überzeugend ausgestalteten, allen voraus Loris Kubeng, der den Maximilian spielte und nicht nur durch sein flüssig gerapptes Mittelhochdeutsch brillierte, sondern auch sonst auf der kargen Bühne immer wieder für skurrile Szenen sorgte.
Die letzten Worte gebühren Marie Ratte, die mit dem Stück ganz eigene Gedanken verbindet.
Die Storyline des Theaterstücks hat mich jetzt nicht so gepackt, aber dafür waren die Schauspieler umso besser! Das Interessante war nämlich, dass wir diese schon aus der Inszenierung von Maria Stuart kannten. Es ist wirklich immer faszinierend, wie die Darsteller je nach Rolle sich verändern. Ich hätte die Hälfte davon nicht wieder erkannt, wenn mich nicht jemand darauf hingewiesen hätte. In meinem Kopf existieren eine englische Königin aus dem 16.Jahrhundert und ein “Wir-brüllen-Maximilian-an”-Mädchen eher in unterschiedlichen Bereichen …
Und hat es euch die Frage „Was ist Liebe?“ beantwortet oder euch einen Denkanstoß verpasst? In jedem Fall warten wir mal auf das nächste Theaterstück, wenn es wieder heißt: Lichter aus und Bühne frei!
NEAR FAR