Paulina Deiring: 11. Klasse überspringen mit der ILV?
Das wiedereingeführte G9 hat sowohl Vor- als auch Nachteile. Ein zwar subjektiver, dennoch aber von vielen Schülern empfundener Nachteil ist das zusätzliche Jahr, das man in der Schule verbringt. Die ILV bietet die Möglichkeit, diesen Nachteil zu umgehen, indem man den Weg des Überspringens wählt. Ich selbst habe diesen Weg gewählt und möchte von meinen Erfahrungen sprechen.
Wie die meisten, die sich mit dem Thema bereits beschäftigt haben, wissen, ist die individuelle Lernzeitverkürzung (ILV) ein zusätzlich zum regulären Unterricht stattfindender Kurs, der 2 Schulstunden / Woche umfasst. Damit ist also auch ein gewisser Zeitaufwand verbunden. Wenn man die Mittagspause mit einberechnen möchte, werden also 2,5 zusätzliche Stunden pro Woche in der Schule verbracht. Daneben bekommt man Arbeitsaufträge, welche zwischen zwei Sitzungen eines Faches zu erledigen sind. Bei mir haben diese 1-4 Stunden in Anspruch genommen, wobei die Arbeitsaufträge teilweise extrem verschieden waren.
Sowohl Präsenzunterricht als auch die Arbeitsaufträge waren allerdings – anders als ich zunächst erwartet hatte – weniger auf das Durchnehmen von zukünftigem Stoff basierend, sondern viel mehr auf Kompetenzen. Nur in Mathe hat man Stoff durchgenommen, der in der zu überspringenden 11. Klasse sehr nützlich war. Das ist auch der Grund, weshalb ich die ILV in den Fächern Deutsch, Englisch und Geschichte nur als mäßig sinnvoll ansehe. Den Gedanken an sich, durch zusätzlichen Unterricht ein Jahr zu überspringen oder im Ausland zu verbringen, finde ich allerdings sehr nützlich.
Was man beim Überspringen beachten sollte, ist, dass man in eine neue Klasse mit älteren und größtenteils auch fremden Schülern kommt. Wer damit ein Problem hat, sollte seine Entscheidung eventuell nochmals überdenken, da man ja zwei volle Schuljahre in der neuen Klasse verbringt.
Zum Schwierigkeitsgrad in der K12 kann ich wenig sagen, da ich selbst in die letzte Q11 gekommen bin, was aufgrund der Lehrplanänderung für zukünftige ILV-ler nicht mehr möglich sein wird. Dennoch kann ich mir vorstellen, dass auch die K12 gut machbar sein könnte, wenn man den Stoff des letzten Schuljahres wiederholt, worauf die ILV einen eigentlich vorbereitet. Dabei stehen einem reizenden Mentoren zur Seite, an die man sich wenden kann.
Insgesamt hatte ich das Gefühl, durch die ILV nicht sonderlich viel mitgenommen zu haben. Ich bereue es aber auch nicht, daran teilgenommen zu haben, da die ILV für Normalsterbliche der einzige Weg ist, ein ganzes Schuljahr auszulassen. Geschadet hat sie jedenfalls nicht – soviel lässt sich sagen, sie ist nur eben relativ zeitaufwendig.
Jonathan Hummel: ILV einfach mal so?
Ich habe die ILV gemacht und bin dann trotzdem ganz regulär in der 11. Klasse gegangen. War es die Mühe wert? Denn es war schon pro Woche eine halbe bis drei Stunden Arbeitszeit, die zusätzlich zu den Schulstunden anfiel. Es hing eben davon ab, ob man Präsentationen erstellen, einen Text mit 1000 Wörtern schreiben, oder nur reine Mathe ILV Hausaufgaben machen musste. Trotzdem, der Schwierigkeitsgrad war definitiv angemessen und einer Überforderung kam es am nächsten, wenn man durch schlechte Organisation zwei große Hausaufgaben in einer Woche machen musste.
Auch wird man auf jeden Fall sicherer in der Arbeit auf Zeit. Man kann einschätzen wie viel Aufwand man für welche Aufgabe benötigt. Ich habe auch etwas besser gelernt, worauf man sein Augenmerk in größeren Projekten legen sollte und worauf man besser wenig seiner Zeit verwendet. Das selbstständige Arbeiten wird natürlich auch gefördert. Zudem hat man einen Mentor für die ILV-Jahre zu und das hat viele Vorteile. Man hat seinen Ansprechpartner hinter den Kulissen, kann sich über Arbeitsweise oder Probleme bei verschiedenen Aufgabentypen beraten lassen und kann darauf direkt zu reagieren. Zudem braucht man sicherlich eine gewisse Belastbarkeit und auf jeden Fall auch die Motivation dort zu sein. Jedoch ist Zeit das wichtigste Element. Sollte man mit zwei Hobbys und einem gut gefüllten Stundenplan versuchen an der ILV teilzunehmen hat man, glaube ich, wenig davon.
Ich hatte mich am Ende der ILV gegen ein Auslandsjahr entschieden, weil das für mich einfach zu teuer für eine zu unsichere Erfahrung zu sein schien. Es wirkte auf mich risikoreich eine Gastfamilie für ein halbes Jahr zu „würfeln“, von der man dann auch aufgrund seiner eigenen Minderjährigkeit abhängig wäre.
Und das Jahr zu überspringen, kam für mich gar nicht in Frage. Ich habe über die Jahre hinweg immer wieder Freundschaften geknüpft und war nicht dazu bereit, das Abi und alles, was daran hängt auf einmal mehr oder weniger, ohne alle diese Menschen in einer neuen Klasse zu machen. Im Rückblick war es auf jeden Fall eine schöne Erfahrung. Die Arbeitsweise, die neuen Themen und der entspanntere Umgang miteinander in einem kleineren Kurs war wirklich eine Bereicherung.
Lara Öder: Auslandsjahr durch ILV?
Zwei Jahre lang zusätzlichen Unterricht besuchen und mehr Arbeitsaufwand einzugehen mag für viele erst einmal nicht so attraktiv klingen. Deshalb möchte ich im Folgenden meine persönliche Erfahrung als Teil der letztjährigen ILV mit anschließendem halbjährigem Auslandsaufenthalt mit euch teilen.
Ich empfand die meisten Aufgaben als machbar. Da die Fächer in 3–4-wöchigen Abständen rotiert haben, hat man aber eigentlich immer neben normaler Schularbeit Zeit für die ILV gefunden. Empfehlen kann ich die ILV deshalb insbesondere für disziplinierte Schüler, denen selbstständiges Arbeiten gefällt und die sich auch mal für andere Themen interessieren, die nicht im regulären Unterricht behandelt werden.
Meine Motivation war definitiv die Möglichkeit durch die ILV eine Zeit lang ins Ausland zu gehen. Doch auch das Arbeiten innerhalb einer kleinen Gruppe und die Unterrichtstiefe hat mir immer gut gefallen. Es war mal etwas anderes als der Unterricht in der normalen Klasse, auch wenn es manchmal anstrengend war.
Ich bin das erste Halbjahr der elften Klasse nach Kanada gegangen. Falls ihr auch ins Ausland möchtet, was mir unfassbar gut gefallen hat, kann ich euch raten euch frühzeitig selbstständig zu informieren. Die ILV verschafft euch zwar die Möglichkeit ins Ausland zu gehen, aber aktiv bei diesem Schritt zu unterstützen, tut sie nicht. Sucht euch mindestens ein Jahr bevor ihr ausreisen möchtet gute Organisationen aus, bei welchen ihr euch bewerben möchtet. Auch wer es mit einem Stipendium versuchen will, hat so höhere Chancen.
Hat mir die ILV den Einstieg, nachdem ich ein halbes Jahr Schule verpasst habe vereinfacht? Ehrlicherweise eher wenig. Man muss sich einfach bewusst sein, dass man neben Deutsch, Englisch, Mathe und Geschichte noch den Stoff aus allen anderen Fächern verpasst. Der Sinn der ILV besteht darin, dass man sich Arbeitstechniken aneignet, die einem schulisch weiterhelfen sollen und nebenbei werden Themen des nächsten Schuljahres angesprochen. In Mathe konnte ich das ein oder andere Mal auf die ILV-Unterlagen zurückgreifen, doch sonst musste ich schon einiges nachlernen. Doch auch das schafft man. Unabhängig von der ILV, fiel mir die Umstellung von einem doch viel leichterem kanadischen Schulsystem in unser Gymnasium, mit höheren Anforderungen und Leistungsnachweisen schwer. Deshalb bin ich im ersten Halbjahr weggegangen, damit ich das zweite Halbjahr eben dazu nutzen kann, mich wieder an unseren Unterricht zu gewöhnen. Dies ist anspruchsvoll, aber nach ein paar Wochen geht das auch wieder.
Rückblickend wäre ich wieder in der 8. Klasse, ich würde mich wieder für die ILV entscheiden, um mir den Wunsch nach Kanada zu gehen zu erfüllen.
Wahnsinn !!
Ich könnte mir kein Auslandsjahr vorstellen, denn nirgenswo ist es so schön wie daheim!! hahahahahahahaha